Die Ile de Ré ist ein klein wenig schicker als ihre größere Schwester, die Ile d‘Oleron. Alles ist hier etwas teurer, vor allem für Immobilien werden schwindelerregende Preise verlangt und hinter mancher bescheidenen Fassade verbirgt sich purer Luxus. Von alledem bekommen wir Segler nichts mit, lediglich die hohen Hafengebühren sind lästig. Entschädigt werden wir dadurch, in Saint-Martin-de-Ré im schönsten Hafen der ganzen Küste zu liegen. Geschützt vom Mauerstern, der den ganzen Ort umgibt, kann man hier französisches Flair genießen. Bistros und Boutiquen säumen den Hafen, pulsierendes Leben bis in die laue Sommernacht hinein.
Von der benachbarten Zitadelle wurden früher Schwerverbrecher nach Guayana verschifft, siehe „Papillon“ von
Henri Charrière, heute ist es immer noch ein Hochsicherheitsgefängnis. Gebaut wurden diese Anlagen von Vauban, dem Baumeister Ludwig XIV. Vauban war eine echte Fleißbiene, als Familienmensch ist
er nicht in die Geschichtsbücher eingegangen, der kann nie zu Hause gewesen sein. In jedem zweiten Ort an der Küste trifft man auf seine Bauwerke, Vauban-Turm hier, Vauban-Festung dort. Ganz
Frankreich hatte er die Außengrenzen gesichert, nebenbei war er noch in mancher Schlacht erfolgreich, mit der 35-Stunden-Woche konnte man dem nicht kommen.
Der zweite geeignete Hafen auf Ré wäre Ars-en-Ré im Norden der Insel. Der Ort liegt im Marais, also im Matsch zwischen Salzfeldern und Austernkulturen, die Zufahrt ist ein Priel von fast vier
Meilen Länge. Wir ankerten vor der Einfahrt und warteten auf die Flut, einer inneren Eingebung folgend rief ich im Hafenbüro an. Und was ich mir vorher in zwanzig Minuten angelesen hatte,
bestätigte der Hafenmeister nach einer Minute: Wir sind willkommen, kein Problem, aber raus kommen wir mit unserem Tiefgang erst wieder in einer Woche, die Tidenkurve wird zu flach. Was wir in
der Deutschen Bucht eher beiläufig wahrnehmen, Spring- oder Nipptide, führt hier zu Schwankungen zwischen zwei und sechs Metern Tidenhub. Da wurde ich gleich an „Hotel California“ von den Eagles
erinnert: „Relax“, said the night man, „We are programmed to receive. You can check out any time you like, but you can never leave“.
Apropos „Das Beste kommt zum Schluss“: Morgan Freeman und Jack Nicholson hatten ihre persönliche Bucket List
erstellt und versuchten sie abzuarbeiten. So eine Liste haben wir nicht, wir freuen uns über jeden Tag, den wir hier genießen können und wir freuen uns genauso auf unser Zuhause. Unsere
Sommerreise neigt sich dem Ende zu, in einer Woche segeln wir nach Rochefort ins Winterquartier und freuen uns auf die nächste Saison.
À bientôt, bis bald